Review

Arovane

Atol Scrap

Keplar • 1999

Die Reissue-Welle, die seit Anfang dieses Jahres über meinen Geldbeutel hereinbricht, spült immer neue, halb vergessene Liebschaften in meine Preorder-Listen. Warum das Debütalbum von Arovane alias Uwe Zahn erst unter diesen Umständen und nach knapp 22 Jahren erstmalig das Licht der Vinylwelt erblickt, ist sowieso eine Frage, die seine Liebhaber*innen nie verlassen hat. Mittlerweile war ich schon dran und drauf, das Budget für eine Privatpressung zusammenzukratzen. »Atol Scrap« erschien 1999 auf dem Label DIN nämlich ausschließlich auf CD. Völlig unverständlich. Denn das Album war das schönste, feinfühligste und ausgereifteste, was die deutsche Electronica-Landschaft Ende des vorherigen Jahrtausends zu bieten hatte. Die großen melancholischen Exkursionen zwischen Downbeat, Glitch und IDM fanden damals auf der anderen Seite des Ärmelkanals statt. Deutschland hing mehrheitlich immer noch in den Armen von Techno. Neben Arovane gab es damals eigentlich nur Funkstörung als ernst zu nehmenden deutschen Act, der mit den britischen Ikonen mithalten konnte – und nicht nur zum pathetischen, langweiligen Abklatsch verkam oder durch übermäßige Konzeptualisierung verödete. Natürlich hallt auch auf »Atol Scrap« der klangliche Kosmos von Warp und Skam nach. Die Gemengelage aus insbesondere Autechre, Bola und B12 glänzt an allen ungeschliffenen Ecken und Enden des Albums. Dennoch erschuf Uwe Zahn damals ein äußerst eigenständiges Klangbild aus diesem Amalgam, das ohne Weiteres mit seinen Referenzen mithalten konnte. Vom euphorischen Opener »Tascel_7« bis zum nachtumwobenen Titeltrack hat »Atol Scrap« seit 1999 nichts von seiner Magie verloren. Schön, den Titeln nun endlich beim Drehen zuschauen zu können.