Emma-Jean Thackray passt nicht rein, mit ihrem Riesengepäck Inspiration

05.05.2025
Foto:© Lews Vorn (Brownswood)
Wer die Regeln bricht, macht die bessere Musik: Mit einem Amalgam aus Spiritual Jazz, Funk, Soul, Gospel, Hip-Hop und elektronischen Texturen schafft Emma-Jean Thackray ihre eigene Post-Genre-Musik.

Wenn es darum geht, die eigene Genialität zu erklären, reden Musiker:innen gerne mal Unsinn. Manche behaupten, sie würden selbst überhaupt keine Musik hören, weil das den kreativen Prozess stören würde, ihre künstlerische Einzigartigkeit, ihre Individualität. Im Idealfall aber entsteht einmalige Musik unter genau den gegenteiligen Bedingungen: Die unterschiedlichsten Einflüsse treffen aufeinander, kreuzen sich, mischen sich und verändern sich so, dass am Ende etwas Neues dabei herauskommt. Genauso funktioniert musikalische Evolution. Und die ist dafür verantwortlich, dass wir heute unter »Musik« etwas anderes verstehen als unsere Vorfahren im Pleistozän, die noch mit Holzstöckchen auf Baumstämme eingetrommelt haben. Exemplarisch für dieses Aufsaugen, Ver- und Umarbeiten von musikalischen Quellen ist Emma-Jean Thackray.

Die englische Jazz-Musikerin, Produzentin, Band-Leaderin und DJ hat 2021 mit Yellow ein Post-Genre-Debütalbum veröffentlicht, das überall abgefeiert worden ist. Vor allem, weil es scheinbar mühelos einem stilistischen Dickicht eine seltsame Ordnung gegeben hat. Spiritual Jazz, Funk Jazz, Soul, Gospel, Hip-Hop, elektronische Texturen aus House und Broken Beat kommen auf Yellow zusammen.

Erklären lässt sich das mit der Biografie der Künstlerin, die zwischen ihrer Musik und ihrem Leben keinen Unterschied macht. In einem Interview hat sie einmal gesagt: »Ich glaube, Musik und andere Aspekte meines Lebens gehen nahtlos ineinander über. Die Welt um mich herum beeinflusst meine Kunst und meine Kunst verändert die Art, wie ich mein Leben lebe.« Und dafür steht ihre eigene Biografie.

Alle in einer Hütte, durchdrehend

Emma-Jean Thackray wird 1989 in Leeds geboren und wächst in der Nähe der englischen Großstadt in einer ländlichen Gegend auf. Dort haben Blaskapellen eine große Tradition. Schon als Kind lernt sie Kornett zu spielen und wird Mitglied einer örtlichen Blaskapelle. Mit 14 Jahren bringt sie sich selbst Trompete und Piano bei. Gitarre, Bass und den Umgang mit Synthesizern und Samplern lernt sie in den folgenden Jahren. Als Jugendliche stößt sie irgendwann beim Downloaden von Blasmusik zufällig auf »Concierto de Aranjuez«. Das Schlüsselstück vom Miles-Davis-Album Sketches Of Spain, das von Gil Evans arrangiert ist, haut sie um. Ab da beginnt sie exzessiv Jazz-Platten zu sammeln. In der Folgezeit saugt sie alle Arten von Musik auf, die sie in die Finger bekommt: John und Alice Coltrane, Fela Kuti, Roy Ayers, Brian Wilson, J Dilla, Madlib, Detroit Techno, Chicago House. Ihr Musikstudium am Royal Welsh College Of Music & Drama in Cardiff unter dem 2020 verstorbenen Komponisten und Pianisten Keith Tippett erweitert zusätzlich ihren musikalischen Horizont.

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In einer Welt, in der alles möglichst einfach zu erklären und nachvollziehbar zu sein hat, ist Emma-Jean Thackray mit ihrer Vielseitigkeit und ihrem Musikgeschmack eine Außenseiterin. Dessen ist sie sich bewusst. Aber sie trägt die vermeintlich negative Eigenschaft nicht wie ein Kainsmal auf ihrer Stirn, sondern deutet sie für sich selbst positiv um: Wer keiner bestimmten Musikszene angehört, muss sich auch nicht an die Regeln halten, die dort gelten. Und davon macht die Künstlerin regen Gebrauch.

All ihre Einflüsse manifestieren sich in der Musik auf »Yellow«, dem Album, an dem sich künftig alle weiteren der Musikerin messen lassen müssen.

Jetzt erscheint mit Weird« der Nachfolger. Passenderweise wird das Album bei Brownswood Recordings veröffentlicht, dem Label des DJs und Radiomoderators Gilles Peterson, der wie Thackray für seinen eklektizistischen Musikgeschmack bekannt ist. Über das neue Album sagt Emma-Jean Thackray: »Es klingt so, als ob Kurt Cobain, Steely Dan und Radiohead sich eine Hütte im Wald gemietet hätten, ein bisschen durchgedreht wären und viel Herbie Hancock, Hole, Steve Lacy und Kate Bush gehört und dann eine Platte aufgenommen hätten.«

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