Review

ana roxanne

Because of a Flower

Kranky • 2020

ana roxanne hat eine seltene Gabe, sie findet Intimität in der Außenwelt. Das Debütalbum der in Los Angeles lebenden Musikerin hieß »~~~« und klang auch so: luftig wie eine Brise, plätschernd wie ein Bächlein. So wohltuend das war, so nahe ging es auch. »Because of a Flower« führt das nun mit anderen Mitteln fort. Die Stücke sind länger und setzen sich konzeptionell und musikalisch mit der Intersexualität der Künstlerin auseinander, wie schon das Spoken-Word-Intro deutlich macht. Auf verschiedene Register gepitchte Stimmen verlesen einen Text, wie aus eins und eins nicht zwei, sondern drei wird – eine Ansage gegen binäre Zuschreibungen wie auch ein Appell für die transzendentale Kraft der Musik. Die klingt spannungsgeladen und wird unter anderem von roxannes Gesang getragen. »A Study in Vastness« schichtet ihre Stimme zu ätherischen Harmonien zusammen, auf »Suite pour l’invisible« haucht sie wortlose Töne über basslastige Gitarrenfiguren, »Camille« überrascht mit einem zuckelnden Beat und Vocals, die doch tatsächlich an Pop denken lassen. So geht es weiter, macht sich roxanne über eine abwechslungsreiche stilistische Mischung selbst zum Chor und addiert das Singuläre zum Allgemeinen zusammen. Das Ergebnis ist ungleich hymnischer als die Vorgänger-LP, bietet aber mit »- – -« ähnlich wunderbar ausufernde New-Age-Momente und mit »Venus« noch mehr Wasserplätschern, das von einem entsprechenden essayhaften Text begleitet wird, verlesen von der Künstlerin selbst. Mit »Because of a Flower« gelingt ihr das seltene Meisterstück, ihren Sound auszudifferenzieren und darüber dennoch stringenter denn je zu klingen.