Review

Michal Turtle

Same Songs, Different Room

Invisible, Inc. • 2023

Fans der No Angels kennen den Namen Michal Turtle vielleicht, wenn sie die Credits im Kleingedruckten auf den Albencovern auswendig gelernt haben. Als Produzent hat Turtle mit allen möglichen und unmöglichen Bands zusammengearbeitet, als Solokünstler hat er 1983 das Album »Music From The Living Room« veröffentlicht und dann sehr lange nichts mehr. Mitte des vergangenen Jahrzehnts rückte der Mann aus Croydon mithilfe des Labels Music From Memory wieder ins Bewusstsein der Musik-Nerds. »Music From The Living Room« bleibt Turtles Schlüssel- und Meisterwerk, das bisher nicht wiederveröffentlicht wurde. Das wird sich zunächst auch nicht ändern. Zum 40-jährigen Jubiläum des Albums wollte Michal Turtle nicht einfach eine remasterte Version herausbringen, sondern hat das Album remixt und teilweise neu aufgenommen.

»Music From The Living Room«, das Original, ist eine Sammlung von sechs vorwärtsgedachten, seltsamen Elektronik-Stücken, bei denen keines dem anderen gleicht, sie haben den Groove genauso in ihrer DNA verankert wie das experimentelle Gen. Manche Tracks klingen nach Proto-Techno, andere so als ob sich der elektrische Miles Davis und die Dance-Punk-Band ESG zur geheimen Session getroffen hätten. »Same Songs, Different Room« schabt ein wenig produktionstechnische Patina ab und eliminiert die technischen Limitationen der Old-School-Instrumente, die Turtle vor 40 Jahren benutzt hat, ohne dass die ursprüngliche Aufnahme eine Verzeitgeistlichung erfährt. Ob das Original »Music From The Living Room« oder die Re-Konstruktion »Same Songs, Different Room« – es bleibt ein Album, das vor 40 Jahren ebenso ein visionäres Statement war, wie es heute noch ist.