Review

Protomartyr

Relatives In Descent

Domino • 2017

Detroit: die Stadt ist inzwischen zu einem Symbol für Deindustrialisierung, gesellschaftlichen Abstieg und die Krise im Allgemeinen geworden. Mehr als passend blasen Protomartyr von hier aus ihren krachigen Post-Punk in die Welt. Sänger Joe Casey proklamiert dazu – mal stoisch, mal predigend, dann wieder voller Wut – seine repetitiven Texte über soziale Ungleichheit und von der Digitalisierung Abgehängte, alternde Arbeiter, Arbeitslose und Gescheiterte. Das hat ihn bereits Vergleiche mit Sleaford Mods Frontmann Jason Williamson eingebracht, die sich allerdings eher auf die Underdog- bzw. Working-Class-Perspektive der Texte beziehen, weniger auf den Vortrag: Casey kotzt sich kontrollierter aus und wiederholt öfter einzelne Teile. Er gibt selbst zu, dass er seit drei Alben dieselben Themen beackert und eigentlich nicht mehr so wütende Musik machen wollte. Doch auch Album Nummer vier (und das erste für Domino) »Relatives In Descent« ist, wenn überhaupt, dann noch wütender, stoischer und dystopischer als die Vorgänger geworden. Neben Caseys Stimme dominieren harte Gitarren, aus denen sich nur ganz selten einmal eine Melodie herausschält, das Album, das genauso staubtrocken runtergerockt ist, wie man es von der Band bereits kennt. Wieder gelingt es Songwriter und Gitarrist Greg Ahee, die repetitive Härte mit versöhnlichen Momenten zu versetzen, gleichzeitig aber stets die passende Grundlage für Caseys Rants. Auch wenn Protomartyr die Krisenhaftigkeit unserer Zeit nur beschreiben anstatt auch Lösungen, Auswege oder Ziele zu formulieren, so ist dieses Benennen der Missstände und Beharren auf deren Artikulation der Band nicht hoch genug anzurechnen.