Obwohl das Album als Format in diesem Jahr eventuell seinen Zenit überschritten hat, fanden wir trotzdem 50 tolle LPs aus einem Jahr, dessen Soundtrack ungleich besser als sein Inhalt war. Auch auf den 12-inches, die die Welt bedeuten, machten sich starke Stimmen hörbar, wurde auch mal wortlos ein besseres Leben in Aussicht gestellt. Andere Jahreshighlights wie Princess Nokias Debüt oder die brutalen Clubsounds einer Kablam fielen dabei leider ebenso unter den Tisch wie der eine oder andere Donut. Nur bei Vince Staples ließen wir fünf gerade und eine 10-inch mal zwei Zoll länger sein, weil seine Platte überlebensgroß war.
Find it at hhv.de: 12inch Tinnitus, Panik, Klaustrophobie, das Danach ist bei Andrea Belfi das Währenddessen. Auf »Cera Persa« denkt der begnadete Schlagzeuger: Club. Und: Unbehagen. Also, was ist das? Notausgang-Techno, Musik, die schweißgebadet und Angst zerfressen das Helle sucht, aber nicht findet. Beklemmender Shit. Diese scheiß Single sitzt einem im Nacken, krabbelt einem den Rücken hoch wie tausend mystische Käfer. Am Ende hat man hier keinen Boden mehr unter den Füßen. Aber nicht weil man fliegt, sondern weil man zwischen tanzenden Leibern in einer Röhre hängt. Philipp Kunze
Entgegen aller schwarzgewandten Lustfeindlichkeit im Techno-Jahr 2016 kam Avalon Emerson mit gleich zwei EPs ums Eck, deren zweite per Tracktitel – »Dystopian Daddy«, megalel – die Fronten aufmachte. Die erste aber gab einem knochigen Beatgerüst mit den schönsten Schwurbelsynthies seit Ewigkeiten die Sporen und machte sich in Richtung »The Frontier« auf. Weit vor allen anderen, versteht sich. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch Wenn die kürzlich vergangene Nacht schwer in den Beinen liegt und doch noch genug Endorphin für drei weitere Stunden durch die Blutbahn rast, kommt die zweitneueste Baaz (»Untitled«) wie eine warme Regenwalddusche über dich und legt dir eine von innen mit Samt ausgekleidete Wärmefolie übers Herz. Deren freundliches Knistern wird zwischen dem ersten und zweiten Takt zu deiner neuen Muttersprache, versprochen. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch | 12inch | 12inch Cheatcode freigeschaltet für Call Super, aber wer unter drei verschiedenen Aliasen vier phänomenale Singles veröffentlicht, die jetzt schon ausreichend Perspektiven für die nächsten dreißig Jahre Techno aufzeigen, muss sich an keine Regeln halten. Florian Aigner
Find it at hhv.de: 12inch Antinote hat sich dieses Jahr weiter als die unaufgeregte Schrittmenge der Hype-Aggregatoren Lobster Theremin Mood Hut und all things Boringseinfeldross positioniert, egal ob mit abgehangenem Liegestuhl-House oder wie hier mit überdreht hippieskem Faux-Illbient, dessen kitschige Melodien jederzeit in kratzigen Dickdarm-IDM oder grandios verschwurbelten Psych-Acid kippen können. Oder wie das dann auf Soundcloud heißt: DJ Gena, fuck yeah. Florian Aigner
Find it at hhv.de: 12inch Man kann Ilian Tape viel vorwerfen, nicht aber, dass die Münchner ihre Stammkundschaft mit Unerwartetem vergraulen würden. Dann kam »Struktur«, eine EP, die das labeltypische druckvolle Drumprogramming und die unterkühlten Blade Runner-Akkorde zumindest auf der von DJrum verantworteten A-Seite derart entweltlicht, dass man gewillt ist, die alten Photek-Platten nochmal auf 33 und Plus 8 abzuspielen. Florian Aigner
Find it at hhv.de: 12inch Von Dabeigewesenen wie Rising Sun oder zeitlich distanzierten Schwerenötern wie DJ Metatron und Co. erzählte eine ganze Riege von ProduzentInnen auch dieses Jahr von ihren Vergangenheitsschwelgereien. In nicht wenigen Fällen klang das lächerlich, in diesem aber unfassbar stringent. Futers’ »U Get Me« ist bei Soundcloud nicht zu Unrecht als #Storytelling vertaggt und erzählt entlang einer fetten Line MDMA einen musikalischen Trip vom UK (circa 1992) bis Ibiza (circa der Tag, als deine Eltern dich dort zeugten). Lächerlich geil. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch Live From Earth, sonst ja eher für das weirde Zeug zuständig, hier mal ganz bodenständig. Jan Au hat auf »A Date With Dark Bean« den Kopf in den Rauchwolken und die Hand am Kaffeetässchen. Klingt wie eine 2016er Version von Jim Jarmuschs »Delirium«-Szene, in der ASAP Rocky, Lil B und Bones GZA, RZA und Bill motherfucking Murray ersetzen. Philipp Kunze
Find it at hhv.de: 12inch Ähnlich wie Futers trug auch J Choirboy auf seiner Debüt-EP keine Träne im Knopfloch, sondern musste sich vermutlich wegen akuter Dehydrierung selbst mit Augentropfen behandeln. »Altar Ego« hätte anders geklungen, wäre sich stattdessen am GHB-Fläschchen vergriffen worden, schmeißt so aber mit Rave-Signalen und guten Empfehlungen um sich. Pille poppen, aus dem Alltag droppen, Knicklicht nicht vergessen. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch Zwischen all dem Rumgememe in der Lo-Fi-Sektion deines Lieblingsplattenladens hätte diese EP sich quergestellt und tat es sonst auch überall. Dabei waren Karen Gwyers unter dem Bio-LK-Kurs-würdigen Titel »Prophase Metaphase Anaphase Telophase« geklammerten Konventionszerlegungen von einer schillernden Schönheit, die kein Winona Ryder-Sample je hätte herbeireden könnte. So geht wacky, so geht weird, so wird das Game von hinten aufgerollt – und nicht anders. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch Während durch die Düsseldorfer Clique um den Salon des Amateurs oder Don’t DJ in Berlin der Ethnologenfetisch der Dance Music auf dem MPC-Brett auseinander genommen wurde, ließ Kilchhofer irgendwo im nirgendwo seine Modularsysteme eine Kurosawa-Hymne klackern, die konzentriert und doch verschroben genug ist, um zwischen all dem Zwangsexotismus einen ganz eigenen Charme zu finden. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch Max D und Morgan Buckley auf ihrem Breakbeat-Scheiß, gleichzeitig The Orb und Ultramagnetic MCs: keine Zweifel »Unthank 9« ist eine besondere Platte und das obwohl über 1080P Records gefühlt zehn solcher pro Monat erschienen, die ähnliches wollten und weniger erreichten. Florian Aigner
Find it at hhv.de: 12inch Während sich Elektro Guzzi in diesem Jahr ähnlich viele Kilometer fraßen, wie sie Techno-Band-Jam-Minuten auf Vinyl, CD oder Tape pressten, debütierten zwei Mitglieder unter dem Namen Monochord mit einer stoisch-verdubbten Platte, die ihren Titel »Spatial Stereo« ernst nahm. Wer sich zwischen Conrad Schnitzler-Gefiepe, Basic Channel auf Entschleunigungstour und Black Ark-Wattigkeit nicht entscheiden kann, hat eben ohne es zu wollen die richtige Wahl getroffen. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch Pjoni bewies sich mit seinem Debüt für das Label Proto Sites als Poet der Leerstellen und Grenzbereiche, als salomonischer Vermittler zwischen ohrenbetäubender Stille und Bassleistungen, die in Berlin-Mitte vor Gericht verhandelt würden. »Liminal Zones« war die unmitsummbarste, undrauftanzbarste Platte eines Jahres, in dem Transgressionsvorhaben entweder in Tape-Saturierung (gähn), White-Noise-Dichte (cool story, bros) oder zerschredderten Rihanna-Edits (schon besser) gemessen wurde. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch Grime-MCs sind von Haus aus auf Konfrontationskurs, wer subtil ist, verliert. Rider Shafique haut dir mit seiner EP »I-Dentity« für das neu gegründete Young Echo-Label sowohl vor Stirn, was du dir nicht zu fragen getraut hättest, und rührt dabei elegant an der Illusion eines post-racial Großbritanniens. Eine stille Platte, in deren Zentrum eine Stimme steht, die gehört werden will und muss. Kristoffer Cornils
Zwei neue EPs, zig Reissues und eine breite Palette von geplanten Veröffentlichungen unter diversen Titeln: Tolouse Low Trax rollt und die Welt fängt langsam an, hinterher zu stolpern. Die Huckel-und-Ruckel-Beatmagie des fabelhaften Detlef Weinrichs ist vermutlich das spätdeutsche Pendant zu allem belgischen Big Beat-Rumgerummse in den späten Achtzigern, zig BPM runtergelegt und mit Sedativa zugepumpt allerdings. »Rushing Into Water« ist far out und mit zero Ficks gespickt. Schlichtweg überragend. Kristoffer Cornils
Find it at hhv.de: 12inch Gerade als man – ganz schlecht gelaunter, Heizungsluft geschädigter Freelance-Miesepeter – irgendwas von wegen »Mood Hut ist auch nicht mehr das, was es mal war« in die verklebte Tastatur hacken wollte, kommen diese Kanadier (Unknown) mit zwei sicherlich vollkommen dummdreist zusammengetackerten Edits um die Ecke, zu denen man sich womöglich sogar am 9.11. für zehn Minuten das vollgeölte Sweatshirt vom Leib reißen wollte, weil ja auch in Reagans Amerika die Paradise Garage existiert hat. Allein dafür: Danke! Florian Aigner
Find it at hhv.de: 10inch »Prima Donna« heißt Vince Staples’ 7-Track-EP und Staples bleibt dort, egal ob nun James Blake oder No I.D. an den Reglern sitzt, der lyrisch interessanteste Rapper des Hier und Jetzt. Weil er Kendrick, Richard Pryor, Larry David und Earl gleichermaßen verstanden hat. Und weil er dabei mit so einer unvergleichlichen Mischung aus Lakonie und Nachdruck rappt, dass selbst zwei musikalisch eher durchschnittliche Tracks nicht weiter ins Gewicht fallen. Florian Aigner
Find it at hhv.de: 12inch Einer der heißesten 12-inches kommt dieses Jahr aus Estland. Das ist a) ein Satz, den man immer gerne mal schreiben will und b) einer, der stimmt. Vul Vulpes erinnert auf »Fusion of Horizons« an Jessy Lanza, denkt ihre Songs aber in weitaus weniger poppigen Strukturen als diese. Philipp Kunze
Find it at hhv.de: 12inch Der beste Techno für Menschen, die Music noch mit extra K schreiben, kam 2016 eindeutig von Xosar, die das Release ihrer »Show Yourself EP« eigentlich für Ende 2015 angekündigt hatte und dann länger brauchte, weil du unbedingt deinem Vater die Bruce Springsteen-Diskografie unter den Weihnachtsbaum legen musstest. Xosar ist die vielleicht einzige zeitgenössische Produzentin, die einen Dancefloor nicht zer-, sondern verstören will, das unbedingt auch sollte und deshalb Meisterin ihres Fachs ist. Kristoffer Cornils
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